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Über die KÜnstlerin
Das Theater ist eine uralte Metapher, um die Wechselfälle des Lebens zu beschreiben. Auf der Bühne wird tragisch, komisch, naturalistisch, märchenhaft, ironisch und sarkastisch das zur Anschauung gebracht, dem man sich im realen Leben nur selten offen stellt. Die Wahrheit über das Leben kann im Theater leichter ausgesagt werden als im wirklichen Leben. Der Zuschauer fühlt sich sicher in dem Wissen, daß alles nur ein Spiel ist und selbst die Tragik ihr Ende findet, wenn der Bühnenvorhang sich senkt. Doch ist diese Sicherheit nur eine scheinbare. Es gehört zu den Regeln des Theaterspiels, die Zuschauer durch die Schauspielkunst vergessen zu machen, daß es ein Spiel ist, ihre Seele anzurühren und sie zu Mitspielern auf der Bühne des Theaters zu machen. Anhand der Figuren des Stückes agieren sie in ihrem Innern sich selbst und ihre Lebensrollen aus und weinen und lachen und hassen und gröhlen und lieben mit denen auf der Bühne. Manche Aufführung lockt die Zuschauer derart aus der Reserve, daß, wenn sie aus dem Theatersaal in ihr Leben zurückkehren, sich über sich selbst erschrecken, wie ein fremdes Schicksal einer erdachten Figur ihr eigenes Leben zur Sprache gebracht und ihnen Gefühle und Gedanken entlockt hat, die sie aus Scham oder Furcht, in sich vergraben hatten. Stefan Scholz
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